Zu beachten ist weiterhin die Abgrenzung der Rechtsfähigkeit von der sogenannten Geschäftsfähigkeit. Die Rechtsfähigkeit steht jedem Menschen, ungeachtet seiner sozialen Stellung, seines Geschlechts, der Vermögenslage, seines Alters, seiner geistigen Fähigkeiten oder seiner körperlichen Gebrechen zu. Die Geschäftsfähigkeit indessen ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Unter der Rechtsfähigkeit versteht man also eher eine Form von generellem Zugeständnis sowie die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu tragen.
Darüber hinaus gibt es auch die Grundrechtsfähigkeit, also die Fähigkeit, Träger von Grundrechten zu sein. Insoweit ist sie ein Spezialfall der Rechtsfähigkeit. Die Grundrechte schreibt in Deutschland das Grundgesetz fest.
Wie bereits erwähnt unterscheidet man bei der Rechtsfähigkeit zwischen den beiden Fällen „natürliche Personen“ und „juristische Personen“. Im Folgenden wird dies genauer erläutert.
1. Natürliche Personen
Bei der Frage, was Rechtsfähigkeit bedeutet, muss in erster Linie geklärt werden, wann diese beginnt und wann sie endet. Die rechtliche Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, beginnt mit Vollendung der Geburt. Wie bereits ausgeführt, regelt dies § 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine Geburt gilt als vollendet, wenn ein Kind vollständig aus dem Mutterleib ausgetreten ist, die Nabelschnur aber noch nicht durchtrennt wurde. Ein ungeborenes Kind kann daher keine Verpflichtungen haben und auch keine Rechte besitzen.
Abweichungen von diesem Grundsatz kennen einige rechtliche Sonderregelungen, wie zum Beispiel die Erbfähigkeit gem. § 1923 Abs. 2 BGB. Dabei ist ebenfalls festzuhalten, dass weder Krankheit noch Missbildungen der Rechtsfähigkeit entgegenstehen. Ein Kind muss bei der Vollendung der Geburt jedoch leben, ohne dass eine explizite Lebensfähigkeit gegeben ist. Es steht der Rechtsfähigkeit also auch nicht entgegen, wenn das Kind kurz nach der Geburt verstirbt. Die vollendete Geburt beantwortet somit die Frage, ab wann man rechtsfähig ist.
Die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen endet mit dem Tod. Dies ergibt sich aus der Ableitung der Gesamtrechtsnachfolge aus § 1922 Absatz 1 BGB. Der Tod tritt nicht schon mit Ende der Herztätigkeit ein, sondern bei einem endgültigen Ausfall der gesamten Hirnfunktion, dem sogenannten Hirntod. Nach dem Tod erlischt die Rechtsfähigkeit. An ihre Stelle tritt dann das sogenannte postmortale Persönlichkeitsrecht.
Zwischen dem Beginn und dem Ende der Rechtsfähigkeit gibt es noch eine Zwischenform: Die sogenannte Teilrechtsfähigkeit. Dabei handelt es sich bei natürlichen Personen um den sogenannten Nasciturus, bzw. das ungeborene Leben, also ein bereits gezeugtes, aber noch nicht geborenes Kind.
2. Juristische Personen
Juristische Personen sind keine Personen, bzw. Menschen im herkömmlichen Sprachgebrauch, sondern rein rechtliche Konstrukte. Allerdings sind juristische Personen immer auch Träger von Rechten und Pflichten. Somit sind sie rechtsfähig und können gültige Rechtsverträge abschließen. Im rechtlichen Sinn sind juristische Personen also wie Menschen zu behandeln.
Sonderfälle sind Stiftungen, die es sowohl in rechtsfähiger, als auch nicht rechtsfähiger Form gibt. § 80 BGB regelt die Entstehung und Berechtigung rechtsfähiger Stiftungen. Nicht rechtsfähige Stiftungen sind zumeist sogenannte Treuhandstiftungen, die von anderen rechtsfähigen Institutionen verwaltet werden.
Die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person privaten Rechts beginnt mit der Eintragung in das Handelsregister oder ein Vereinsregister. Im Gegensatz dazu beginnt die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person öffentlichen Rechts mit der staatlichen Verordnung per Gesetz oder Rechtsverordnung. Die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person des privaten Rechts endet mit der Liquidation oder mit der Auflösung der Gesellschaft, das heißt sie endet mit der Löschung aus dem Register durch das zuständige Handels- oder Vereinsregister. Bei juristischen Personen öffentlichen Rechts endet sie indessen mit der rechtlichen Auflösung.
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Die Rechtsfähigkeit in Deutschland kennt drei Stufen, die Vollrechtsfähigkeit, Teilrechtsfähigkeit und Nichtrechtsfähigkeit.
Die Frage, wer rechtsfähig ist, ist getrennt zu betrachten von der Frage, wer geschäftsfähig ist. Eine rechtsfähige Person kann grundsätzlich Eigentümer:, Vertragspartner, Erben oder Schuldner sein. Für die Rechtsfähigkeit ist es nicht entscheidend, ob die betreffende Person ihre Rechte und Pflichten selbst ausüben kann. Ein neugeborenes Kind ist genauso rechtsfähig, wie ein Erwachsener. So können minderjährige Kinder Vertragspartner: werden. Auch ein Mensch, der nicht mehr ansprechbar ist, wie zum Beispiel ein Komapatient, ist rechtsfähig. Rechtliche Voraussetzung ist dann lediglich ein handlungsfähiger und volljähriger Vertreter, wie beispielsweise ein Elternteil. Ebenfalls Gesellschaften wie AGs oder eingetragene Vereine, aber auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Bundesländer, sind rechtsfähig.
Klar von der Frage der Rechtsfähigkeit ist die Frage der Geschäftsfähigkeit abzugrenzen. Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, Rechte und Pflichten auszuüben. Die Geschäftsfähigkeit ist eine Handlungsfähigkeit, bei der intellektuelle Mindestvoraussetzungen vorliegen müssen. Auch die Geschäftsfähigkeit kennt Stufen:
- Unbeschränkt geschäftsfähig sind Personen ab 18 Jahren, die nicht aus gesundheitlichen Gründen unter Betreuung oder Vormundschaft stehen.
- Beschränkt geschäftsfähig sind Personen zwischen 7 und 17 Jahren. Sogenannte altersübliche Alltagsgeschäfte sowie die Verfügung über selbst verdientes Geld brauchen keine Zustimmung von Betreuer oder einem Vormund.
- Nicht geschäftsfähig, bzw. geschäftsunfähig sind Personen unter 7 Jahren sowie Personen, die geistig stark eingeschränkt sind.
Die Geschäftsfähigkeit stellt klar, ob eine Rechtsinhaber auch selbst handeln kann oder darf. Eine Aktiengesellschaft zum Beispiel ist rechtsfähig. Für die Ausübung der Rechte muss sie jedoch Personen haben, die Verträge abschließen und für sie handeln. Deshalb ist eine AG nur geschäftsfähig, wenn sie einen Vorstand hat, der sie vertritt.
Ebenso wie der Beginn und das Ende der Rechtsfähigkeit von natürlichen und juristischen Personen, kennt auch das Völkerrecht die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Das Völkerrecht regelt die rechtliche Entstehung, Kontinuität und den Untergang von Staaten. Hierzu gehören ebenfalls die sogenannte Umgrenzung und Veränderung des Staatsgebiets, die allgemeinen Rechte und Pflichten der Staaten sowie die Haftung bei Völkerrechtsverletzung. Die Rechtslehre und das Gesetz gehen dabei davon aus, dass nur souveräne Staaten als Völkerrechtssubjekte angesehen werden, einzelne Völker und Nationen aber nicht. Allerdings steht den einzelnen Völkern immer ein Selbstbestimmungsrecht zu. Sollte dieses verletzt werden, gilt dies als Verstoß gegen das Völkerrecht.
Was versteht man unter Rechtsfähigkeit von künstlicher Intelligenz?
Bei der Rechtsfähigkeit von künstlicher Intelligenz steht im Zentrum, wie Gesetz und Verträge damit umgehen, wenn der Mensch sein Alleinstellungsmerkmal autonomer Handlungen im Zuge der fortschreitenden Rationalisierung an Maschinen, Computer und Algorithmen verliert. Kennt auch künstliche Intelligenz die für die Rechtsfähigkeit elementaren Voraussetzungen wie Geburt, Pflichten, Rechte und Tod? Bereits seit 2018 diskutiert die EU-Kommission die große rechtsphilosophische Frage, ob Künstliche Intelligenz
ihre eigenen Rechte und Pflichten erkennen und somit auch für die Konsequenzen des eigenen Handelns verantwortlich gemacht werden könnte. Das Gesetz zur Rechtsfähigkeit möglichst zügig an die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen angepasst werden. Nur so können die Menschen in Zukunft die Rechtsfähigkeit maschineller Intelligenz innerhalb von Unternehmen, dem Gesetz und der Gesellschaft regeln.