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Kontra­hierungs­zwang

einfach erklärt

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Definition

Definition: Was ist der Kontrahierungszwang?

Kontrahierungszwang beschreibt die Verpflichtung zum Vertragsabschluss und wird als Abschlusszwang bezeichnet. Der Begriff kommt vom lateinischen Wort „contractus“ und steht für Vertrag oder jegliche Form von vertraglicher Vereinbarung. Die in Deutschland geltende Abschlussfreiheit und der Kontrahierungszwang stehen im Gegensatz zueinander, weswegen er nur in Ausnahmefällen zum Wohl der Bürger greift. Ein bekanntes Beispiel für Kontrahierungszwang ist die gesetzliche Krankenversicherung, die jedem Interessenten ein Angebot machen muss.

Welchem Zweck dient der Kontrahierungszwang und warum ist er wichtig?

Um den Zweck des Kontrahierungszwanges besser zu verstehen, muss zwischen dem mittelbaren und unmittelbaren Kontrahierungszwang unterschieden werden. Beide Arten messen der Gleichberechtigung und dem Allgemeinwohl eine bedeutende Rolle bei:

Mittelbarer Kontrahierungszwang

Der mittelbare Kontrahierungszwang greift bei Unternehmen, die ein Monopol betreiben. Beispielsweise ist das der Fall bei öffentlichen Verkehrsunternehmen wie der Deutschen Bahn: Sie hat insbesondere mit ihrem Fernschienenverkehr einen Marktanteil von fast 100 Prozent. Da Verbraucher kaum oder keine Möglichkeiten haben, auf andere Anbieter zurückzugreifen, ist das Unternehmen zum Vertragsabschluss, also ihrer Beförderung, verpflichtet.

Unmittelbarer Kontrahierungszwang

Unmittelbare Kontrahierungszwänge sind gesetzlich auferlegt und dienen in erster Linie der Daseinsvorsorge des Staates. Demnach unterliegen Dienstleister dem Kontrahierungszwang, um allen Personen einer Gesellschaft, den Zugang zu elementaren Produkten und Leistungen zu gewähren. Dies betrifft beispielsweise Apotheken oder gesetzliche Krankenversicherungen.

Info

Was bedeutet die Privatautonomie?

Die Privatautonomie erlaubt es allen Bürgern, ihre privaten Rechtsgeschäfte frei zu gestalten. In einigen Ausnahmen wird die Vertragsfreiheit als Teil der Privatautonomie zum Gesellschaftswohl eingeschränkt. Eine wichtige Rolle im Rahmen der Vertragsfreiheit spielt die Abschlussfreiheit: Ihr zufolge können Menschen selbst entscheiden, auf welche Art und Weise, mit wem und ob sie überhaupt einen Vertrag abschließen möchten. Darunter fällt zudem die negative Vertragsfreiheit, die es Bürgern gewährt, auf Vertragsabschlüsse zu verzichten. Diese ist beispielsweise bei der Kfz- und Krankenversicherungspflicht ausgeklammert.

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In welchen Bereichen herrscht Kontrahierungszwang und wie weit geht er?

Der Kontrahierungszwang als Pflicht zur Annahme von Interessenten greift insbesondere in folgenden Bereichen:

Versicherungen
  • Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV): Es herrscht Kontrahierungszwang bei Versicherungen wie den gesetzlichen Krankenkassen, da es seit 2009 eine allgemeine Krankenversicherungspflicht gibt. Demnach haben sie die Pflicht, allen Interessierten ein Angebot zu machen und der Nachfrage nachzugehen. Dies geschieht unabhängig des Alters, Einkommens, Geschlechtes oder Gesundheitszustandes.
  • Private Krankenversicherungen (PKV): Grundsätzlich dürfen zur Aufnahme in die PKV Fragen zum Gesundheitszustand oder Einkommen gestellt werden. Der Kontrahierungszwang der privaten Krankenversicherungen greift aber beispielsweise bei Neugeborenen, deren Eltern bereits privat versichert sind. Personen, die aus krankheitsbedingten Gründen nicht mehr versichert sind, dürfen außerdem gemäß dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz in ihre alte Krankenversicherung zurückkehren: Bei der PKV gibt es dafür einen Basistarif, der den Leistungen der GKV entspricht. Schließlich gilt der Kontrahierungszwang der PKV auch für Beamte.
  • Kfz-Versicherung: Eine Versicherungspflicht gibt es auch für alle Kfz-Halter. Angesichts des Kontrahierungszwanges darf ein Vertrag nur in besonderen Situationen abgelehnt werden.
Deutsche Post
Der Kontrahierungszwang gilt ebenfalls für die Deutsche Post. Das bedeutet, dass sie für all ihre Kunden, Postkarten, Briefe und Pakete versenden muss.
Öffentliche Verkehrsmittel
Das allgemeine Eisenbahngesetz unterstellt sämtliche öffentliche Verkehrsmittel dem Kontrahierungszwang. Demnach sind sie dazu verpflichtet, alle Gäste zu ihren üblichen Konditionen zu befördern.
Sparkassen
Das sogenannte „Jedermann-Konto“ ist das Basiskonto von Banken. Dies ermöglicht allen rechtmäßigen EU-Bürgern – auch denen ohne festen Wohnsitz – die Eröffnung eines Girokontos, um Zahlungen tätigen und annehmen zu können.
Apotheken
Apotheken müssen ihren Kunden verschreibungspflichtige Medikamente innerhalb eines angemessenen Zeitraums besorgen und aushändigen.
Energieversorger
Da allen Menschen der Zugang zu Energien wie Strom und Gas gewährleistet werden muss, haben auch Energieversorger einen Kontrahierungszwang.
Privatpersonen
Es gibt einige Fälle, in denen es einen Kontrahierungszwang auch für Privatpersonen gibt: typischerweise bei der Unterzeichnung von Vorverträgen, die die Inanspruchnahme des Hauptvertrages bedingen.

Welche Folgen drohen bei einer Abschlussverweigerung?

Bei Nichteinhaltung des Kontrahierungszwanges drohen Folgen für das dienstleistende Unternehmen: Gemäß § 826 BGB muss es dann eine Schadensersatzverpflichtung leisten. Dafür muss allerdings nachgewiesen werden, dass ein Unternehmen ein eindeutiges Monopol besitzt. Konkret bedeutet dies, dass der Betroffene keine Möglichkeit hatte, das Produkt oder die Dienstleistung bei einem anderen Anbieter zu beziehen. Im Zuge der Naturalrestitution wird der Vertrag schließlich zwangsläufig abgeschlossen. Folgen drohen aber auch Privatverbrauchern: Schließt eine Person keine Krankenversicherung ab, muss sie aufgrund der allgemeinen Krankenversicherungspflicht die versäumten Beiträge meist nachzahlen.

Zusammenfassung

Kontrahierungszwang zusammengefasst

  • In der Betriebswirtschaftslehre (BWL) ist der Kontrahierungszwang die Verpflichtung zum Abschluss des Vertrages. Ein Synonym dafür ist der Abschlusszwang.
  • Der Zweck des Kontrahierungszwanges ist von seiner Art abhängig: Beim mittelbaren Kontrahierungszwang sind Unternehmen mit Monopolstellung dazu verpflichtet, einen Vertrag mit ihren Kunden abzuschließen. Das ist beispielsweise bei der Deutschen Bahn der Fall.
  • Unmittelbare Kontrahierungszwänge hingegen dienen dazu, die Daseinsvorsorge des Staates zu sichern: Dieser greift zum Beispiel bei Apotheken.
  • Das Gegenteil des Kontrahierungszwanges ist die Vertragsfreiheit: Prinzipiell ist die Privatautonomie, also die Möglichkeit, Rechtsgeschäfte selbst zu gestalten, ein Grundrecht. Zum Wohl des Einzelnen und der Allgemeinheit darf der Staat dieses aber in Ausnahmefällen einschränken.
  • Der Kontrahierungszwang bei gesetzlichen Krankenversicherungen ist meist bekannt. Vom Kontrahierungszwang der PKV hingegen wissen nicht viele, da er nur in besonderen Situationen wie bei der Mitversicherung von Neugeborenen gilt.
  • Außerdem greift er in Bereichen wie den öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Sparkassen oder Energieversorgern.
  • Im Falle der Nichteinhaltung des Kontrahierungszwanges müssen die jeweiligen Unternehmen eine Schadensersatzverpflichtung leisten. Allerdings nur, wenn sie eine eindeutige Monopolstellung haben. Angesichts der Naturalrestitution wird ein Vertrag meist zwangsweise herbeigeführt.