Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 27.08.2024
Zinseszins im Überblick
Der Zinseszins (englisch compount interest) meint Zinsen, die auf Zinserträge gezahlt werden. Dabei werden die Zinserträge zusammen mit dem investierten Kapital immer wieder angelegt, wodurch das zu verzinsende Kapital steigt. Der Unterschied zwischen Zins und Zinseszins besteht also darin, dass der Zineszins die Verzinsung der Zinsen meint.
Zinseszinseffekt: Was sind Zinseszinsen?
Mit dem Begriff Zinseszins meint man den Zins auf Zinsen. Anleger, die sich die Zinsen ihrer Geldanlage nicht auszahlen lassen, sondern diese Zinsen mit dem ursprünglich investierten Kapital anlegen, können von diesem Phänomen profitieren. Der Zins wird genau dann zum Zinseszins. Mit dem Effekt, dass das zu verzinsende Kapital, der weitere Zins und damit die weiteren Erträge wachsen. Denn dank Zinseszins wird nicht nur die ursprüngliche Anlage verzinst, sondern auch die Zinsen, die es bereits auf die Anlage gab.
Ein Beispiel für den Zinseszinseffekt:
Nehmen wir an, ein Anleger hat 5.000 Euro zur Verfügung, die er oder sie mit einem Zinssatz von fünf Prozent jährlich anlegt. Investiert er oder sie das Kapital, ohne vom Zinseszins zu profitieren, entwickelt es sich innerhalb von fünf Jahren folgendermaßen:
Legt Anleger dagegen das Geld mit Zinseszinseffekt an, ergeben sich folgende Zahlen:
Nach fünf Jahren hat der Anleger, wenn er oder sie auf den Zinseszins setzt, in diesem Beispiel 131,40 Euro mehr als derjenige Anleger, der die Zinsen jedes Jahr abschöpft und nicht reinvestiert. Und das, obwohl das Anfangskapital und der Zeitraum bei beiden Rechnungen identisch ist. Bei größeren Vermögen ist der Zinseszinseffekt entsprechend größer. Hinweis: Diese Rechnung ist unter der Annahme erfolgt, dass sich der Anleger die Zinsen nicht auszahlen lässt.
Zinsen und Zinseszinseffekt: Die Unterschiede
Zinsen sind Kosten, die für einen Kredit, also geliehenes Geld, anfallen. Wenn Verbraucher einen Kredit aufnehmen, sind Zinsen die Bezahlung an die Bank dafür, dass sie ihnen das Geld zur Verfügung stellt. Die Bank ist in diesem Szenario der Gläubiger der Verbraucher.
Umgekehrt können sich Verbraucher über Zinsen freuen, wenn sie Geld anlegen. In diesem Fall sind die Verbraucher Gläubiger der Banken. Denn sie stellen dem Geldhaus das Kapital zur Verfügung, mit dem dieses wiederum andere Geschäfte machen kann. Dafür werden die Verbraucher mit Zinsen entschädigt. Die Zinsen in beiden Beispielen werden linear verzinst.
Anders beim Zinseszins. Hier ist die Verzinsung exponentiell, was für den enormen Wertzuwachs verantwortlich ist. Da beim Zinseszins die Zinsen jedes Jahr (beziehungsweise nach jedem Abrechnungszeitraum) mit verzinst werden, steigt die Geldmenge schneller an. Der Zuwachs zeigt sich allerdings erst nach mehreren Jahren der Geldanlage. Das hängt mit dem Wesen der exponentiellen Funktion zusammen.
Der Josephspfennig: Beispiel für die exponentielle Verzinsung
Das Gedankenexperiment, das unter dem Namen Josephspfennig bekannt wurde, veranschaulicht die exponentielle Verzinsung beim Zinseszins recht eindrücklich. Man nimmt dabei an, Joseph, der Vater von Jesus, hätte im Jahr 0 einen Cent mit einem jährlichen Zinssatz von 5 Prozent angelegt. Der Ökonom Richard Price berechnete im Jahr 1772 wie viel Geld Joseph bis zu diesem Zeitpunkt angespart hätte, wenn die Zinsen jedes Jahr wieder angelegt worden wären, Joseph also eine Verzinsung nach dem Zinseszins gewählt hätte. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre die astronomische Höhe von 352.726.388.660.870.764.529.063.424.514.064.384,00 zusammen gekommen.
Da wir uns diese Zahl nur schwer vorstellen können, wird der Zinsertrag hin und wieder auch in Erdkugeln aus Gold umgerechnet. Im 20. Jahrhundert hätte Joseph einen Anspruch auf eine Milliarde goldene Erdkugeln – auch das eine kaum begreifbare Summe. Im Vergleich dazu: Hätte sich Joseph die Zinsen auszahlen lassen, statt sie wieder anzulegen, hätte er im Jahr 2000 lediglich einen Euro Zinsen erwirtschaftet.
Nachteil beim Zinseszins: Zinseszins bei Darlehen
Der Josephspfennig zeigt sowohl den größten Nachteil als auch den größten Vorteil der Verzinsung mit dem Zinseszins und dem sich darauf ergebenden exponentiellen Wachstum. Es kommt jedoch auf den Blickwinkel an. Anleger können sich über eine Verzinsung freuen, die nach dem Zinseszinsprinzip erfolgt, denn nach einigen Jahren macht sich das exponentielle Wachstum auf der Haben-Seite deutlich bemerkbar.
Umgekehrt sollten Schuldner vorsichtig sein, wenn sie einen Kreditvertrag unterschreiben, bei dem die Verzinsung nach dem Zinseszinsprinzip vorgesehen ist. Zwar ist theoretisch der Zinseszins bei Darlehen schon seit dem Jahr 1900 verboten. Doch es gibt immer wieder Anbieter, die Schlupflöcher finden.
Zinseszins berechnen: Die Zinseszinsformel
Anleger, die sich für die Zinseszinsrechnung interessieren, können mit einer einfachen Formel, der sogenannten Zinseszinsformel, Zins und Zinseszins ausrechnen.
Diese Formel lautet:
Kn = K0 × (1 + (p ÷ 100))^n
Diese Faktoren beeinflussen die Berechnung des Zinseszinses
Die Faktoren, die zur Berechnung des Zinseszinses herangezogen werden, sind die folgenden:
- K0: Damit bezeichnet man das Anfangskapital, also die Summe des Geldes, die zu Beginn der Anlage zur Verfügung steht. In unserem Beispiel von oben 5.000 Euro.
- p: p steht für den Zinssatz, zu dem das Geld angelegt ist. Im obigen Beispiel haben wir 5 Prozent gewählt.
- n: Steht für die Laufzeit, also den Zeitraum der Geldanlage.
- Kn: Mit dieser Variablen bezeichnet man den Betrag, der am Ende der Laufzeit auf dem Sparbuch steht. Das Endkapital besteht dabei aus Anfangskapital, Zins und Zinseszins.
Sparer, die wissen möchten, wie hoch der erzielte Zins bei der jeweiligen Anlage war, müssen lediglich das Startkapital vom Endkapital abziehen.
Geld anlegen mit Zinseszins: Wie können Anleger den Zinseszinseffekt nutzen?
Anleger können den Effekt beim Zinseszins dann am besten und effektivsten für ihren Finanzfluss ausnutzen, wenn sie ihr Kapital möglichst lange investieren. Das liegt an dem bereits angesprochenen Effekt, dass sich das exponentielle Wachstum erst nach mehreren Jahren deutlich bemerkbar macht. Natürlich ist die Ausprägung abhängig von dem vereinbarten Zinssatz, aber auch von dem Zeitpunkt der Verzinsung.
Anleger, die monatlich oder ein Mal pro Quartal Zinsen auf ihre Geldanlage bekommen, können den Zinseszinseffekt früher nutzen. Genau das macht sich bei der Zinseszinsrechnung bemerkbar. Denn so werden dem Konto schon früher Zinsen gutgeschrieben, die im nächsten Abrechnungszeitraum wiederum verzinst werden. Bei der Geldanlage lohnt es sich daher, Produkte zu wählen, die über einen möglichst kurzen Abrechnungszeitraum verfügen.
Der umgekehrte Fall gilt bei einem Kredit: In diesem Fall lohnt sich ein möglichst langer Abrechnungszeitraum. Da Schuldner ein Interesse daran haben, dass der Zinseszinseffekt möglichst klein bleibt. Vor allem, wenn Verzugszinsen fällig werden sollten.
Der Zinseszinseffekt bei Aktien und ETFs
Statt auf ein Sparbuch zu setzen, können Anleger die Vorteile von Aktien und ETFs nutzen. Gerade mit einem ETF-Sparplan lässt sich häufig eine bessere Rendite erzielen als mit der klassischen Form der Geldanlage auf dem Sparbuch. Jedoch müssen Anleger im Hinterkopf behalten, dass Aktien und ETFs von einem Kursrutsch an den Börsen betroffen sein können, womit sich der Wert der Geldanlage verringern kann. Experten gehen jedoch davon aus, dass Anleger im Schnitt mit ETFs bessere Ergebnisse erzielen können.
Um den Zinseszinseffekt bei der Geldanlage möglichst optimal auszunutzen, sollten Anleger zu sogenannten thesaurierenden ETF (-Sparplänen) greifen. Bei diesen Fonds werden die Zinsen nicht ausgeschüttet, sondern dem Depot gutgeschrieben. Nach dem nächsten Abrechnungszeitraum macht sich damit der Zinseszinseffekt bemerkbar.
Bei Aktien und ETFs kommt noch ein weiterer Vorteil zum Tragen: Im Gegensatz zu der Geldanlage auf dem Sparbuch, können Anleger, die in Aktien und Wertpapiere investieren, sowohl von der Wertsteigerung als auch vom Zinseszins profitieren. Die Unterschiede im Überblick:
1. Wertsteigerung: Damit meint man die Entwicklung eines Wertes (Aktie, Fonds, Anleihen) über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Rechnet man bei der Entwicklung des Ertrags die Dividenden, sofern sie gezahlt werden, nicht mit ein, spricht man von der reinen Kursentwicklung. Man kann anhand der Verlaufskurve sehen, ob das Wertpapier im jeweiligen Zeitraum an Wert gewonnen oder verloren hat.
2. Zinseszins: Zieht man zusätzlich zum Kursverlauf die Dividenden in die Betrachtung mit ein, kommt der Zinseszinseffekt zum Tragen. Nach dem nächsten Abrechnungszeitraum werden die ausgeschütteten Dividenden, sofern sie reinvestiert wurden, mit verzinst. Auf diese Weise erhalten Anleger Zinsen auf Dividenden, was dem Prinzip Zinsen auf Zinsen und damit dem Zinseszins vergleichbar ist.
Zinseszins zusammengefasst
- Zinseszins meint, dass Sparer und Anleger nicht nur auf das ursprünglich investierte Kapital, sondern auch auf die Zinsen, die zwischenzeitlich angefallen sind, Zinsen erhalten.
- Der Zinseszinseffekt erhöht auf diese Weise den Wert der gesamten Geldanlage.
- Anlagen, die mit dem Zinseszinseffekt abgerechnet werden, wachsen exponentiell. Investitionen mit einfachen Zinsen dagegen linear.
- Zinseszinsen können auch bei Kreditverträgen anfallen. Sie sind in der Regel für Verbraucher ungünstig.
- Anleger können die Vorteile des Zinseszinses für sich nutzen. Zum Beispiel mit thesaurierenden ETF-Sparpläne, bei denen die Rendite reinvestiert wird.